Rassehundezucht kurz nach 12 Uhr! Stirbt auch der Beardie aus?
Nein, das glaube und hoffe ich nicht!
Doch es zeichnen sich Tendenzen ab, die mich mit Sorge erfüllen.
Da ist zum Einen die immer geringer werdende Zahl der, im Mutterland der Rasse, in Großbritannien geborenen Welpen, bei gleichzeitigem Verlust alter kleinerer Zuchtlinien. Den mir bekannten Überlieferungen zur Folge, besteht der Genpool nur aus ca. 25 nicht mit einander verwandten Bearded Collies, die phänotypisch (also vom Aussehen her) zwischen 1948 und 1955 als Stammhunde in das Englische Zuchtbuch aufgenommen worden sind. Seit dieser Zeit ist das Zuchtbuch in Großbritannien für Fremdeinkreuzungen (Phänotypisierungen) geschlossen und alle heutigen reinrassigen Beardies auf der Welt gehen auf diese Stammhunde zurück. Wurden im Jahr 2000 noch 953 Welpen in Großbritannien geboren, waren es 2024 gerade mal 209 Welpen. Das ist erschreckend, zumal alle außerhalb Großbritanniens geborenen Welpen keinen nennenswerten Beitrag zum größtmöglichen Erhalt des Genpool beitragen können, stammen sie doch fast ausschließlich von Zuchtlinien ab, die vor Jahren von erfolgreichen und damals bereits recht häufig genutzten Zuchtlinien exportiert worden waren. Die kleineren Zuchten haben nicht oder nur sehr wenig Hunde exportiert und sind daher fast ausschließlich im Heimatland der Rasse noch zu finden. Diese Linien, die nicht viel auf Shows anzutreffen waren, daher nicht so populär waren, finden leider bisher in der Zucht in Großbritannien zu wenig Beachtung, obwohl auch diese Linien sehr gute Gesundheitsergebnisse und einen sehr guten Charakter vorweisen können. Wir hatten das Glück dass wir in 2022 unsere Rose (Balachdoran Philemon Rose) und in 2024 unseren Stuart (Longartaidh Lord Philemon) aus zwei kleineren Zuchten in Schottland importieren konnten.
Auch bei der Nutzung der Deckrüden sollte meiner Meinung nach verstärkt nach wenig miteinander verwandten Linien geschaut werden, und dies bis in die 10. Generation! um auch hier genetisch zu „retten“ was noch vorhanden ist. Leider sind bereits viele Züchter in Großbritannien, die sich mit Leidenschaft den verschiedenen Linien gewidmet haben, in einem Alter, wo man vernünftiger Weise die Zucht an die jüngere Generation abgibt, doch auch an der jungen Züchtergeneration mangelt es leider in der heutigen Zeit.
Ein weiterer Punkt, der mir Sorge bereitet, ist die immer geringer werdende Anzahl von Meldungen auf Hundeausstellungen. Waren vor 34 Jahren noch etwa 40-50 Beardies auf jeder Ausstellung, auf Clubschauen mit englischen Richtern teilweise über 100 Beardies gemeldet, sind es heute nur noch um die 10 bis 15 Beardies. Es gab so viele verschiedene Zuchtlinien und genetische Vielfalt, dass ich mir hätte nicht vorstellen können, dass sich dies in den letzten 10 Jahren so rasant ändern könnte.
Viele Familien, die überlegen sich einen Hund anzuschaffen, schauen sich gern die verschiedenen Rassen live an und da bieten sich Hundeausstellungen an. Auch der Austausch der Züchter findet zumeist auf Shows statt. Man trifft sich, man tauscht sich aus und erfährt was es Neues gibt. Doch hier fehlt es an Züchtern (und es gibt ca. 70 Bearded Collie Züchter in Deutschland!), die eine Zuchtstrategie für mindestens die nächsten 10 Jahre verfolgen und den Austausch suchen. Züchten bedeutet doch nicht nur Welpen aufziehen, sondern was kann ich der Rasse Gutes tun, in der Zeit, wo ich sie ein Stück begleite. Dieses mangelnde Interesse an der Zukunft der Rasse, scheint mir derzeit ein sehr großes Problem zu sein.
Zu guter Letzt müssen wir Züchter bereit sein neue Wege zu gehen und moderne Möglichkeiten für unsere Zucht zu nutzen. In der heutigen Zeit, wo DNA Analysen und immer neue genetische Tests uns Züchtern Möglichkeiten eröffnen noch verantwortungsbewusster zu züchten und auch die Neufassung des Tierschutzgesetzes §11b, der so genannte Qualzuchtparagraph, hohe Wellen schlägt, ist es wichtig und richtig auch auf das eigene züchterische Handeln und die eigene Rasse einen kritischen Blick zu werfen.
GBCH. Benjie Of Bothkennar gew. 1958
Jeannie Of Bothkennar gew. 1943
Der Beardie ist bei der Auslegung des Qualzuchtparagraph wegen „Übermäßige Haarbildung im Gesicht“ gelistet! Hier sollten wir in den kommenden Generationen ein Augenmerk drauf haben und uns dem Standard wider annähern, „Augenbrauen nach oben und nach vorn gewölbt, jedoch nicht so lang, dass die Augen verdeckt werden“ und „Nasenrücken spärlich mit Haar bedeckt, wobei dieses an den Seiten etwas länger ist, gerade ausreichend, um die Lefzen zu bedecken“, denn dies fand, zumindest so lange ich züchte noch nie Beachtung auf Shows und dem zur Folge auch kaum in der Zucht. Ich kann nur hoffen dass hier in Zukunft viele Züchter einen Fokus drauf haben.
Doch es gibt sie noch, die Beardies ganz dicht am Standard!
JCh. Balachdoran Philemon Rose gew. 2022